Die Bürgerversicherung ist ein Etikettenschwindel

Wenn es nach dem Wahlprogramm der SPD geht, soll eine sogenannte  Bürgerversicherung garantieren, dass jeder unabhängig von seinem Einkommen die beste medizinische Versorgung bekommt. Hier soll es also einen Raum geben, der frei von Klassenunterschieden ist, Dabei ist bekannt, dass für Geld auch medizinische Versorgung käuflich ist. Selbstverständlich würden Wohlhabende auch weiterhin eine ihnen angemessen erscheinende Versorgung kaufen. Wie sollte eine Bürgerversicherung daran etwas ändern, wenn man nicht gleichzeitig die Besitzverhältnisse ändern würde?

Bekanntlich hat sich der Graf von Thurn und Taxis gleich zweimal hintereinder ein neues Herz einpflanzen lassen. Und in Göttingen ließ sich ein reicher Russe eine Spenderleber einpflanzen und wie zum Hohn berief sich das Landgericht auch noch auf das Grundgesetz, um diesen Vorgang zu rechtfertigen. Und der Arzt, der mit einer gespendeten Leber nach Jordanien reiste, um sie einem Mitglied der jordanischen Königsfamilie zu transplantieren, hat nie eine Anklage erhalten. Solche Auswüchse könnten eine selbstbewusste Justiz oder ein engagierter Gesetzgeber stoppen, aber niemals eine sogenannte Bürgerversicherung.

Selbstständige mit geringem Einkommen sollen gesenkte Beiträge bezahlen. Also erhielte auch hier die staatliche Sozialbürokratie flankiert von der digitalen Speicherung der medizinischen Daten (“elektronische Gesundheitskarte”) mehr Einfluss, obwohl eigentlich für den sozialen Ausgleich das Finanzamt mit Hilfe der Steuererhebung zuständig sein sollte.

Beamte sollen beihilfefähige Tarife erhalten: schon geht wieder die Differenzierung los.

Die Notfallversorgung soll für alle zugänglich sein. Tatsächlich ist das aber gar kein Problem, im Gegenteil, die Notfallaufnahmen sind überlaufen, weil viele Menschen mit banalen Befindlichkeitsstörungen, wie Erkältungen, diese Stellen zu jeder Tageszeit aufsuchen und ein großer Aufwand betrieben werden muss, um wirklich dingende Fälle heraus zu filtern. So weit, wie bei der englischen Bürgerversicherung mit ihren überaus langen Wartezeiten auf z.B. Operationen sind wir aber noch nicht.

Und eine Verbreiterung der Einnahmebasis, indem auch besser Verdienende in die gesetzliche Versicherung einzahlen müssen, würde weder zu einer Leistungsverbesserung noch zu einer Minderung der Beitragssätze oder der Wartezeiten führen.  Die meisten Experten sagen das Gegenteil voraus. Die gut verdienende Mittelschicht, die dann in die gesetzliche Versicherung einzahlen müsste, würde sicher auch Leistungen in Anspruch nehmen wie Reha- Leistungen  und Metallprothesen (künstliche  Gelenke und sogenannte Stents, womit wir in Deutschland, was die Menge pro Einwohner betrifft, schon Weltmeister sind). Der Psychotherapie- Sektor, der jetzt schon überstrapaziert ist, würde explodieren. Und die Versicherung könnte nicht verhindern, dass jemand, der es bezahlen kann, sich ein Einzelzimmer nimmt oder sich andere medizinisch- ärztliche Leistungen, die von der Versicherung nicht gedeckt sind,  erkauft.

Die Sozialdemokratie will aber den Anschein erwecken, als würde sie die sozialen Unterschiede verringern wollen und eine staatliche Einheitsversicherung wäre dazu ein gangbarer Weg. Beamte und besser Verdienende will sie aber auch nicht verprellen. Am Ende müsste aber was einem gegeben würde einem anderen weggenommen werden: Und das würde wie bei den Schröder- Fischer- Sozialgesetzen und der Agenda die Schicht mit dem geringsten Einfluss, die Unterschicht sein.

Kein Wort davon, dass die Konzerne zur Steuerzahlung herangezogen werden und die Steuerschlupflöcher geschlossen werden müssten. Also ist die Offensive für das linke Symbolprojekt, die Bürgerversicherung (der Name soll eine Gleichheit aller Bürger suggerieren) nur wieder ein Ablenkungsmanöver: Die staatliche Sozialbürokratie würde ihren Zugriff auf weitere Bevölkerungsteile ausweiten,  ohne dass es den Angestellten und Arbeitern, die ihren Lohn beziehen, auch nur einen Deut besser gehen würde. Damit wird die SPD keine Regierungspartei, sondern höchstens, weil sie so brav ist, ein Anhängsel der Merkel- Regierung.

 

 

3 Replies to “Die Bürgerversicherung ist ein Etikettenschwindel”

  1. Das Thema “Bürgerversicherung” geistert schon seit Jahrzehnten durch die Köpfe der Sozialdemokraten. Hört sich ja auch zunächst gut an und in den Medien kann man damit Punkte sammeln.
    Doch was soll das wirklich bringen? Ich denke, das dies Thema dem typischen Neidgedanken mancher Sozis und ihrer Anhänger entspricht.
    Wer Geld hat, wird sich immer eine “bessere” medizinische Behandlung erlauben können. Ob nun Bürgerversicherung oder wie bisher.
    Und bei Beamten? Die Kritik an der Beihilfe ist doch m.E. voller Unkenntnis geprägt. Die Beihilfe – ob beim Bund oder bei den Ländern – erstattet viele Leistungen nicht und ist an die Leistungen der GKV längst seit vielen Jahren angepasst. Bleibt noch der %-Anteil der PKV, der je nach Bund, Land sowie Status recht unterschiedlich entspr. der Beihilfe sein muss. Er muss zudem teuer bezahlt werden; für jedes Familienmitglied gesondert. Bei der GKV sind alle Familienmitglieder (Kinder, Ehefrau, sofern nicht berufstätig) automatisch kostenlos mit einem einkommensabhängigen Beitrag mitversichert. Angehörige mit geringem Einkommen zahlen auch nur einen geringen KV-Beitrag.
    Bei einer Bürgerversicherung für Beamte müssten zunächst die Einkommen der Beamten um den AN-Anteil erhöht werden, damit es keine Gehaltseinbußen gibt. Die AN-GKV-Anteile werden dann der GKV vom AG überwiesen. Dafür entfielen dann die Beiträge zur private KV, die der Beamte bislang von seinem Netto selbst bezahlt hat.
    Den AG-Anteil muss dann der Staat noch zusätzlich an die GKV zahlen.

    Hochrechnungen ergeben, dass dies ein schlechtes Geschäft für den Staat ist. Es ist wesentlich kostengünstiger für den Staat, ausschließlich im Krankheitsfall einen Beitrag in Form der Beihilfe zu zahlen.

    Ein Umswitchen für Beamte auf eine Bürgerversicherung würde zudem Jahrzehnte dauern.
    Nein, das kann keine Lösung sein.

    Die wirklich Betroffenen aber wären die Ärzte. Als Privatpatient erhält der Arzt i.d.R. mindestens den 2,5fachen (optional mit Begründung sogar den 3,5fachen) Satz der GOÄ für jede einzelne Behandlungsmaßnahme.
    Einmal beim Orthopäden wg. “Rücken” kosten rund 400,- €. Da der Patient wiederbestellt wird, kommen nochmals 400,- € hinzu. Zusammen also mindestens 800,- €.
    Von der GKV erhält der Arzt bei einem GKV-Versicherten hingegen nur einen Bruchteil und das auch nur im Quartal.
    Ohne Privatpatienten sehe ich schwarz für Zukunft vieler Arztpraxen bei der heutigen oft sehr teuren technischen Ausstattung.

    1. Der Unterklasse kann die politische Klasse nichts wegnehmen, um sie anderen Bevölkerungsteilen zugute kommen zu lassen. Da gibt es nichts mehr zu kürzen. Die Oberklasse bleibt ganz außen vor, zahlt keine oder nur geringfügig Steuern und belustigt sich an dem Versicherungstheater. Also bleibt es nur noch, der gut verdienenden Mittelklasse etwas wegzunehmen, um es der unteren Mittelklasse zukommen zu lassen. Das wird sich kaum durchsetzen lassen und ist sicher auch nicht das Ziel einer Umorganisation. Eine Verteilung von oben nach unten hat es noch nie gegeben. Das wichtigste Ziel ist ein anderes: Bis jetzt erhält noch jeder, der es braucht eine Dialyse, jeder bekommt nach ärztlichem Ermessen eine Metallprothese oder ein wichtiges Medikament. Hier wird eine Regierung, ganz gleich welche, mit einer Rationierung einsetzen: Altersgrenzen für Organtransplantationen, für Metallprothesen, Wartezeiten für nicht unmittelbar lebensrettende Operationen. Die englische Bürgerversicherung kennt dieses Vorgehen schon lange. Die Mittelklasse wird Zusatzversicherungen abschließen, so bleibt der Nachteil einzig bei der Unterklasse. Und die Wichtigkeit der politischen Klasse, die alles entscheidet, wird enorm aufgewertet.

  2. Die Kernfrage ist doch, welchem teil der Bevölkerung geht es wirklich so schlecht, dass der Staat helfen muss (umverteilen ?).
    Da muss man schon genau hinschauen.
    Familien mit Kindern sind es schon einmal zunächst nicht. Sie werden bereits erheblich alimentiert. Gerade erst wird das KiGeld wieder erhöht.
    Man nehme nur eine Familie (z.B. Mann/Frau) mit 2 Kindern und einem Alleinverdiener. Und dann bemühe man mal die Steuertabelle.
    Die Belastung hält sich wirklich in Grenzen. Hinzu kommt Kindergeld für 2 Kinder. Über viele Jahre hinaus erhalten Familien weitere Zuschüsse für die Ausbildung der Kinder wie z.B. BaFöG.
    Nein, wirklich arme Menschen sind z.B. Witwen, die – besonders die ältere Generation – selten oder überhaupt nicht gearbeitet haben und so nur von ihrer Witwenrente leben müssen.
    Weiterhin gibt es Menschen, die durch die Schröderschen H4-Gesetze arg betroffen sind. Nach 1 Jahr ALG ist Schluss; und wenn der Partner (das kann ein “Freund sein, bei dem man wohnt) zu viel verdient, gibt keinen einzigen Cent mehr!

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