Ärzte gegen Atomkrieg
Als Beschäftigte des Gesundheitswesens setzen wir uns kritisch mit den Kriegsvorbereitungen im Gesundheitssektor auseinander.
Selbstverständlich haben im Ernstfall auch verwundete Soldaten einen Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung. Doch es ist schlicht unmöglich, Menschen durch medizinische Maßnahmen vor den katastrophalen Folgen eines Krieges zu schützen, erst recht nicht Falle eines Atomkrieges. Keine Dekontaminationsübung kann verhindern, dass zigtausende Menschen qualvoll sterben, wenn es zum Einsatz von Atomwaffen kommt. Auch wenn Katastrophenübungen ja überlegen dies glauben machen sollen. Es gibt keine sinnvolle medizinische Vorbereitung auf einen Krieg.
Im September 2025 hat die IPPNW eine neue Kampagne gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens gestartet. Wichtiger Bestandteil ist eine Erklärung für ein ziviles Gesundheitswesen, zu der sich Beschäftigte aus Gesundheitsbereichen öffentlich bekennen können. Für uns ist die Prävention von Kriegen, ob konventionell oder nuklear, die beste Medizin. Die Aufgabe von allen Beschäftigten des Gesundheitswesens bleibt die Versorgung der Patienten und ihr Schutz vor Gesundheitsgefahren. Daher setzen wir uns für die Abschaffung von Atomwaffen, für Abrüstung, Diplomatie und Frieden ein.
Laut aktuellen Militärszenarien könnte Deutschland Aufmarsch- und Durchzugsgebiet von NATO-Soldaten in einen Krieg mit Russland an der osteuropäischen Grenze werden. Die Bundeswehr rechnet bis zu 1000 Verletzten NATO-Soldaten täglich über Jahre hinweg. Dazu kämen verletzte Zivilisten und sehr viele Geflüchtete aus dem Kriegsgebiet. Dem stehen bundesweit fünf Bundeswehrkrankenhäuser mit insgesamt 1800 Betten gegenüber, die in zwei Tagen belegt wären. Das zivile Gesundheitssystem müsste einen erheblichen Teil seiner räumlichen und personellen Ressourcen dem Militär zur Verfügung stellen. Im Kriegsfall würden automatisch Notstandsgesetze in Kraft treten, die weitreichende Gesundheitsgrundrechtseinschränkungen im Gesundheitswesen möglich machen.
Bereits 1980 und 1981 gab es den Versuch, die zivile Katastrophenhilfe und die Kriegsmedizin zusammenzuführen. Dies scheiterte damals jedoch an dem massiven Protest der Ärzte. Aus dieser Zeit stammt der IPPNW Slogan „Wir werden euch nicht helfen können“. Die aktuelle Debatte um Kriegstüchtigkeit ist kontraproduktiv. Ein neues Gesundheitssicherstellungsgesetz ist in Planung. Im September 2025 hat die IPPNW daher eine Kampagne gegen die Militarisierung des Gesundheitswesens gestartet.
„Was von außen nicht zu sehen ist, ist, dass die israelische Armee Tag für Tag ihren Einfluss auf das Gebiet von Gaza ausweitet. Sie rückt langsam vor, erobert eine Straße, dann ein Viertel, dann ganze Gebiete – und zeichnet stillschweigend die Karte neu, während die internationale Gemeinschaft eine fiktive Ruhe feiert. Der Krieg ist nicht vorbei, er hat lediglich eine andere Form angenommen: von Bombardierungen zu stiller Expansion, von Luftangriffen zu schleichender Besetzung.
Gleichzeitig bemerkt die Welt nicht, dass in Gaza eine falsche Normalität konstruiert wird: Süßigkeiten, Schokolade und Elektronikartikel gelangen ungehindert ins Land, als ob die Menschen das Überflüssige wollten, während Grundnahrungsmittel wie Fleisch, Eier und Medikamente systematisch blockiert werden.
Israel wendet eine bekannte Strategie an, die sich über Jahrzehnte bewährt hat: Es verstößt gegen den Waffenstillstand, bombardiert nach Belieben und verkündet dann die Rückkehr zur Waffenruhe. Eine einseitige, gewalttätige und ungestrafte Handlung. Dieses mittlerweile erkennbare Muster hat verheerende Auswirkungen auf die palästinensischen Gemeinden und stellt einen klaren Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar.
Nach den Regeln der Kriegsführung sollte ein Waffenstillstand eine wirksame und überprüfbare Einstellung der Feindseligkeiten darstellen, die darauf abzielt, Zivilisten zu schützen, humanitäre Hilfe zu ermöglichen und weitere Verluste an Menschenleben zu verhindern. Israels Auslegung des Begriffs scheint jedoch rein instrumentell zu sein. Jedes Mal, wenn die Armee während des Waffenstillstands „gezielte Operationen” durchführt – indem sie dicht besiedelte Stadtteile angreift, mit gepanzerten Fahrzeugen vorrückt oder die Grenzen der kontrollierten Gebiete verschiebt –, wird der Waffenstillstand effektiv verletzt. Am Ende der Angriffe wird jedoch verkündet, dass der Waffenstillstand „wiederhergestellt” oder „weiterhin in Kraft” sei, als wäre nichts geschehen.
Diese Dynamik macht den Begriff der Waffenruhe sinnlos und untergräbt die Grundlagen des humanitären Völkerrechts, das guten Glauben, Transparenz und die Einhaltung vereinbarter Bedingungen verlangt. Die Wiederherstellung der Waffenruhe nach wiederholten Verstößen ist nicht nur eine formale Verletzung, sondern eine Strategie, die es der Besatzungsmacht ermöglicht, völlig straffrei zu agieren, während die internationale Gemeinschaft durch mehrdeutige und widersprüchliche Darstellungen gelähmt bleibt.
Und genau im Bereich der Darstellung kommt die Informationskriegsführung ins Spiel. Die Darstellung von Bombardierungen und Vorstößen als „begrenzte Zwischenfälle”, die Behauptung, dass der Waffenstillstand trotz der Explosionen weiterhin in Kraft sei, und die Verbreitung der Vorstellung, dass die Lage unter Kontrolle sei, dienen dazu, ein verzerrtes Bild der Realität zu konstruieren. Damit werden zwei Ziele verfolgt: Einerseits soll internationaler Druck und formelle Vorwürfe wegen Verstößen gegen den Waffenstillstand vermieden werden, andererseits soll die globale Wahrnehmung geprägt werden, indem Medien und Regierungen dazu gebracht werden, dort Stabilität zu sehen, wo Zerstörung herrscht.
Diese Manipulation von Informationen ist kein nebensächliches Element, sondern integraler Bestandteil der Militärstrategie. Infokrieg ermöglicht es, Operationen vor Ort fortzusetzen und gleichzeitig einen akzeptablen diplomatischen Anschein zu wahren. Auf diese Weise wird die Nutzung des Waffenstillstands eher zu einem narrativen Instrument als zu einem Mechanismus zum Schutz der Zivilbevölkerung. Hier liegt der schwerwiegendste Missbrauch: die Umwandlung der Sprache des humanitären Rechts in eine rhetorische Waffe, die Gewalt eher verschleiert als einschränkt.
Keine Verhandlungen möglich
Die Hamas hatte bereits im September letzten Jahres erklärt, dass sie keine Gespräche über die zweite Phase des Waffenstillstandsabkommens für den Gazastreifen aufnehmen werde, solange Israel weiterhin gegen den ersten Teil des Abkommens verstößt.
Die Besatzungsmacht hat keine ihrer grundlegenden Verpflichtungen in der ersten Phase erfüllt: Sie hält den Grenzübergang Rafah geschlossen, verhindert die Einfuhr von Zelten und Wohncontainern, reduziert die humanitäre Hilfe drastisch und setzt die Tötungen und Zerstörungen innerhalb der sogenannten gelben Linie fort. Dieses Verhalten stellt eine Fortsetzung der Aggression dar, die mit Inkrafttreten des Abkommens sofort hätte eingestellt werden müssen und die ohne echte Einhaltung fortgesetzt wird.“
https://tkp.at/2025/12/15/feuer-regnet-weiterhin-auf-gaza-herab/