Cannabis sollte nicht freigegeben werden
Es ist ein Suchtstoff, der den Ausstieg aus der Gesellschaft erleichtert. Nicht nur labile Personen benutzen diese Substanz, um sich von den Mühen des Alltags zu befreien. Die Grenzziehung von gelegentlichem Abtauchen bis zur Abhängigkeit wird mit zunehmendem Konsum fließend. Eine fortschreitende Vernachlässigung führt zum Verlust der Arbeitskraft. Wer glaubt es sich leisten zu können, auszusteigen und auf die Fidschi- Inseln auswandert, kommt, wenn er es bis zum sechzigsten Jahr durchhält, zurück und und nimmt selbstverständlich die Leistungen des auf Solidarität aufgebauten Gesundheits- und Sozialsystems in Anspruch. Wer will es dem Betriebsschlosser oder dem Busfahrer, die ihre Arbeitskraft bis zum fünfundsechzigsten Lebensjahr zur Verfügung gestellt haben und nur eine etwas höhere Rente erhalten, verdenken, dass er dieses System für ungerecht hält. Warum soll man für einen Menschen, der sich sehenden Auges und bei vollem Bewusstsein in die Sucht fallen lässt, den Begriff Krankheit verwenden? Für die fehlgeleitete Sozialisation dieses Menschen kann man zwar die Gesellschaft verantwortlich machen und beklagen, dass sie als Reaktion nur Justiz und Strafvollzug bereit hält; das ist aber hinzunehmen, weil es dem derzeitigen gesellschaftlichen Konsens entspricht. Dass unsere Gesellschaft die verschiedenen Ausprägungen des süchtigen Verhaltens unterschiedlich, bzw. inkonsequent behandelt, ist kein prinzipieller Einwand. Herr Nescovic verkennt die Interaktion zwischen Justiz und Drogenmilieu. Das Wegschließen bzw. der zeitweise Freiheitsentzug entspringen nicht einem Strafbedürfnis sondern dienen in erster Linie dem Schutz der Drogengebraucher und der Schadensminimierung. Sie haben auch eine Wirkung auf einen Teil der Altersgruppe, die für diese Konsumform anfällig ist. Hier hat sich in jahrzehntelanger Übung eine Praxis herausgebildet, in der Justiz und und Strafvollzug eine defizitäre Sozialisation nachholen und ausgleichen. Und die Angehörigen der Mittelklasse, die nicht im herkömmlichen Sinne kriminell werden, leben in der Illusion, dass ihnen der Drogenkonsum nicht gesundheitlich schadet und sie nicht sozial herabzieht und leiten daher ihr Recht auf einen freien Drogenkonsum ab. Aber u.a. wegen des Prinzips des gleichen Rechts für alle müssen sie in dieser Gesellschaft mit den Einschränkungen, die auch für das Proletariat gelten, leben. Liberalisierung heißt, Vernachlässigung, mehr Drogentote, eine insgesamt größere Zahl von Drogenkonsumenten und mehr Verelendung. Cannabis führt häufig zu Müdigkeit, Ängste können auftreten bzw. verstärkt werden, läppisches Lachen kommt vor, gesteigerte Sinneswahrnehmungen mit Gedächtnisstörungen und veränderter Zeitwahrnehmung. Bei Jugendlichen verdoppelt sich das Risiko der Entwicklung einer Psychose. Das Auftreten einer Schizophrenie ist nicht selten. Mundtrockenheit, Übelkeit und Kopfschmerz kennt man von anderen psychisch wirksamen Arzneistoffen. Cannabis kann wohl auch zu Appetitsteigerung führen, ich habe aber nur stark abgemagerte Cannabiskonsumenten gesehen. Tödliche Verkehrsunfälle nehmen zu. Natürlich wäre die Diskussion nach der Entkriminalisierung und der regulierten Freigabe nicht beendet, sondern ginge mit unverminderter Heftigkeit wegen der harten Drogen weiter: Was könnte man abgesehen von der Entrümpelung des Strafrechts und der Entlastung der Justiz nicht alles an wertvollen Vorhaben mit den zu erwartenden Steuereinnahmen verwirklichen: mehr Polizisten einstellen für die Atemtests, notleidende Branchen subventionieren, die deutsche chemische Industrie bekäme durch die synthetischen Cannabinoide wieder Weltruf, die Milchbetriebe könnten auf den Anbau von Marihuana umsteigen, die TTIP- Verhandlungen könnten um die Bestimmungen zum Drogenhandel erweitert werden und nicht zuletzt würden unsere Beziehungen zu Uruguay gestärkt.